Terminfrust

Diese Woche wollten zehn Leute ins Café Hoog kommen.
Eine kam zwei Stunden später, schimpfte darüber, daß die von der Rezeptgebühr befreiten Türken angeblich unser Gesundheitssystem zerstören würden, fühlte sich plötzlich schrecklich geschulmeistert, weil ich höflich nachfragte, ob sie es merke, wenn sie mich unterbreche, und rauschte dann schnell beleidigt wieder ab.
Eine andere redete vier Stunden lang auf mich ein, daß die Selbermacherei nicht funktionieren könne, und ignorierte dabei stur, daß sie dies doch schon seit Jahren (und eigentlich schon seit Jahrtausenden) tut.

Und die anderen acht sagten alle mehr oder weniger kurzfristig wieder ab.
Ja, es kann immer etwas dazwischenkommen, aber in Summe wirft das die Frage nach unseren Prioritäten auf.
Soll uns wirklich nichts wert sein, was uns nichts kostet?

Mir ist Zeit wichtiger als Geld, aber ich habe mein Leben nicht umgestellt, um dann den Kalender voller Termine zu haben, die eh nicht zustande kommen.
Deshalb nochmal ganz einfach erklärt:
Wer einen Termin absagt, bei dem gelernt werden kann, fast ohne Geld zu leben, dem kostet diese Absage viel mehr als jede Stornogebühr bei kommerziellen Kursen.
Wer sich wegen eines stressigen Jobs (oder mehrerer) keine Zeit dafür nehmen will, Essen im Wert von bis zu hundert Euro abzuholen, wird in dieser Zeit bei jeder noch so stressigen Arbeit sicher auch nicht mehr verdienen können.
Und wer sein Leben lieber damit verbringt, sich nicht entscheiden zu können, stiehlt damit sich und auch anderen ganz viel Zeit.

Aber immerhin sagten diese Woche alle ab. Sonst kommen sehr viele einfach gar nicht. Und wenn ich nachfrage, werde ich einfach blockiert. Nein, ich bin nicht böse. Ich frage einfach nur nach. Ich erwarte keine Entschuldigungen oder Rechtfertigungen. Lieber sind mir Erklärungen & Verbesserungsvorschläge.

Wer sich nur aufgrund von Interpretationen & Vermutungen ein Bild von einem vollkommen Unbekannter machen und den dann gar nicht mehr kennenlernen will, mag so vielleicht kurzfristig einen Ausweg aus der Ambivalenz gefunden haben. Und klar scheint es dann einfacher, diesen Menschen immer mehr zu verteufeln, als die festgefahrene Meinung und damit das eigene Verhalten zu hinterfragen – aber für welchen Preis?
Wegen eines unangenehmen Moments wird ein Gespräch vermieden?
Wegen eines Mißverständnisses wird ein Mensch nie kennengelernt?
Statt Vorurteile zu hinterfragen, bleiben Träume unrealisiert?

Der Frust und die gestohlene Zeit sind nichts neues. Ich arbeite weiter an meinen Projekten, halte meine Tore weiterhin offen und finde es lästig & frustrierend, so oft versetzt, blockiert, ignoriert oder beschimpft zu werden – und das dafür, daß ich meine Hilfe und viele Geschenke anbiete. Aber vor allem finde ich es schade, wenn so viele möglicherweise produktive & bereichernde Kontakte nie zustandekommen oder einschlafen bevor es zu einem wirklichen Kennenlernen kommen konnte.
Ich bemühe mich weiter, Mißverständnisse zu klären, und zu zeigen, was versäumt wird.

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