"Drei
Kinder" |
Dies ist in gewisser Weise eine Weiterführung des Projektes
"Des Schlummers stiller Segen", bei dem ich u.a. versuchte, auf unbewegten,
schlaffen Gesichtern nur durch gezielte Lichtführung und Perspektive unterschiedliche
Charakterzüge & Emotionen darzustellen.
Geburt & Tod sind ebenso grundlegend wie tabuisiert in unserem Leben. Und
Tod vor der Geburt, bevor es noch irgendeine Möglichkeit zu Leben gab,
ist etwas sehr trauriges. Etwas, das lange Zeit noch mehr tabuisiert wurde und
auch heute noch wird. Meine Mutter z.B. hatte drei Geschwister, die als Kinder
starben. Deren Existenz wurde jahrzehntelang totgeschwiegen. Doch die Trauer
begleitet sie ihr Leben lang still und unbemerkt. Und damals war Kindersterblichkeit
etwas Allgegenwärtiges - fast normal. Heute hat der Zentralfriedhof eine
eigene Abteilung für Todgeburten, die jedoch äußerst unterschiedlich
genutzt wird. Manchmal wird Spielzeug an diese kleinen Gräber gelegt. Oft
sieht man jedoch an den Grabstellen, daß dieses schmerzliche Ereignis
verdrängt werden muß, um irgendwie weiterleben zu können. Manchmal
können sich die Eltern erst nach vielen Jahren wieder an dieTrauer um die
toten Kinder heranwagen.
Auch für mich war die Auseinandersetzung mit diesem Thema eine große
emotionale & künstlerische Herausforderung. Aufgrund einer pränatalen
Erkrankung für dieses Thema sensibilisiert, schrieb ich schon als Jugendlicher
"Monologe lautloser Stimmen", Hilfeschreie ungeborenen Lebens. Nein,
ich war nie ein Abtreibungsgegner, ebensowenig wie -befürworter. Dieses
Thema ist zu schwierig. Alle Argumente beider Seiten widerlegbar. Jede allgemeingültige
Antwort ist hier zu einfach. Es ist -so oder so - ein äußerst emotionales
Thema.
Ebenso wie die Rezeption meiner Portraitaufnahmen der "Drei Kinder"
von den unterschiedlichsten Emotionen geprägt ist. Die Betrachter sind
so sehr von Trauer, Abscheu, Ekel, Mittleid, Wut, Entsetzen und noch vielem
anderen beschäftigt, daß meinem Bestreben, in klassischen Portraitaufnahmen
potentielle Charaktere auszuleuchten, meist kaum noch Aufmerksamkeit geschenkt
werden kann. Es ist eben ein schwieriges Thema.
In meine Obhut kamen die drei Feuchtpräparaten über den Freund einer
Freundes - beide Mediziner. Die Präparate fristeten Ihr Dasein in Gurkengläsern
am Klo. Ich wollte einen kleinen Beitrag leisten, diesen drei Verstorbenen ein
würdigeres Dasein zu ermöglichen. Deshalb ließ ich sie professionell
präparieren. In den folgenden Wochen veruchte ich (neben der Meisterung
technischer Probleme wie z.B. dem Vermeinden der unzähligen Spiegelungen)
vielschichtige Persönlichkeiten in den alten Präparaten zu beleuchten.
In dieser Zeit entstanden etwa 500 Photos. Dies ist in Zeiten der Digitalphotograhie
nicht viel. Da meiner meist sehr geplanten & inszenierenden Arbeitsweise
jedoch sonst meist 3 bis höchstens 20 Photos pro Aufnahmesitzung entsprechen,
ist dies Ausdruck der intensiven technischen, emotionalen und künstlerischen
Auseinandersetzung.
(Besten Dank dem Narrenturm für die freundliche Unterstützung!)
(Alle meine Photos sind auf Anfrage
hochauflösend (2048x1536) erhältlich.)